Seltsames Verhalten der Menschen

Wieso „Hatschi“?

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Ein kurzes „Tssss“ erklang im Klassenzimmer bevor mich der Lehrer sinngemäß gefragt hatte, was ich denn zu meckern bzw. kritisieren hätte. Ich, völlig verwirrt wegen dieser für mich vollkommen unerwarteten Frage, musste kurz überlegen, was der da vor mir stehend denn nun damit meine. Doch nach einigen Sekunden kam ich darauf, dass mein „Tssss“ Auslöser für die Frage war.

Dann war mir klar, ein „Tssss“ wird ja meist dazu verwendet, um eine Aussage eines anderen zu kritisieren. Die wohl einfachste Art ganz ohne eines Vokals Kritik zu äußern.

Doch wer mich kennt, dürfte bei mir schnell erkennen, dass ich Kritik immer voll und ganz in richtigen Worten ausformuliert äußere. Ein „Tssss“ gibt es bei mir nicht im Wortschatz. Ein „Tssss“ von mir ist das, was andere als „Hatschi“ kennen. Eben, ich nieße nur.

Doch frage ich mich, warum der Mensch „Hatschi“ macht und nicht „Tssss“, wenn er nießen muss. Denn dieses „Hatschi“ kann ja nur erzeugt werden, wenn man seine Stimmbänder zum Schwingen bringt. Das liegt vor allem am Vokal „a“ darin. Ein „i“ kann man ja mit etwas Übung noch ganz ohne Stimmbändereinsatz erklingen lassen, aber ein sauberes „a“ ohne Stimmbänder ist nicht wirklich möglich.

Nur, was haben die Stimmbänder beim Nießen denn verloren? Ziel des Nießens ist es möglichst gut und schnell, aber auch schonend Fremdkörper aus der Nase heraus zu pusten. Dafür braucht man ja keinen Vokal namens „a“.

Wenn ich mir so meine Haustiere ansehe, dann machen unsere Katzen ein „Tssss“ genau so wie ich, unser Hund macht eher ein „Tssplpl“, was wohl durch die große Schnauze, also die breiten Lippen verursacht wird. Aber ich habe noch kein Tier erlebt, das ein „Hatschi“ beim Nießen machen würde.

Mensch, du bist wahrlich komisch. Manche dieser Spezies schaffen es sogar beim Nießen so laut zu sein, dass man sie sicherlich noch in 5km Entfernung hören kann. Das ist sicherlich nicht übertrieben, wenn ich mir nur eine verwandte Person anhöre. Zuerst kommt ein großes und lautes „Haaaaaaa“ und dabei noch das Pfeifen der Bronchien beim Einatmen, und daraufhin ein ohrenbeträubendes „tschiii“. Also richtig laut, so laut, dass ich als sensibler Mensch dazu neige mir die Ohren zuhalten zu müssen und die Augen zukneife.

Manche machen statt einem „tschi“ am Ende auch nur ein „tsch“. Doch ob nun „tsch“ oder „tschi“ beim ruckartigen Ausatmen, das macht keinen großen Unterschied, wenn man eben betrachtet, wie ein „tsch“-Laut physiologisch erzeugt wird. Dabei wird nämlich die Luft schlagartig durch den Mund hinausbefördert. Die Zunge liegt fast parallel zum Gaumen, wobei aber der Spalt zwischen Zunge und Gaumen noch genügend Luft durchlässt, so dass durch die Nase wenig bis gar nichts entweichen muss.

Doch wenn man sich den Sinn des Nießens noch mal zu Auge führt, ist es ja das Ziel dabei, möglichst viel Luft in kurzer Zeit durch die Nase zu pressen, damit dort Fremdkörper rausgejagt werden. Wenn man also einen „Tsch“-Laut macht, wird dieses Ziel nicht erreicht, da ja die meiste Luft durch den Mund entweichen wird.

Betrachtet man hingegen das „Tssss“, dann wird man schnell feststellen, dass dieser Laut nur erzeugt werden kann, wenn man mit der Zunge den Mundraum vollkommen verschließt. Die Zunge geht also mit der Spitze Richtung Gaumen und macht hier dann erstmal dicht für den normalen Luftweg durch den Mund. Beim ruckartigen Ausatmen wird demnach die meiste Luft durch die Nase umgeleitet, und es ertönt nur noch ein „Tssss“-Laut, da durch den hohen Druck doch noch etwas Luft zwischen Gaumen und Zungenspitze entweichen kann.

Man kann diese Verschlusstechnik beim Nießen mit der Zunge im Grunde so betrachten, dass es als eine Art Überdrucksventil funktioniert. Damit die Nase beim Nießen nicht zu viel Luftdruck abkriegt, wobei dann Verletzungen im Nasenraum auftreten würden, sorgt die Zunge eben dafür, dass bei zu großen Druck auch etwas Luft noch durch den Mund entweichen kann. Es findet ein sehr gut kontrollierter Druckausgleich statt, die Folge ist dann eben ein „Tssss“-Laut.

Ich kam also zu der Überzeugung, dass ein „Tssss“ beim Nießen vollkommen zweckgemäß ist, so wie es uns auch unsere Haustiere vormachen. Ein „Hatschi“ hingegen erfüllt nicht mehr den Sinn und Zweck des Nießens, da dabei eben die meiste Luft durch den Mund gepresst wird, die Nase an sich also nicht mehr durch den Luftwall gereinigt werden kann.

Woher kommt dann dieses „Hatschi“ bei all den Leuten?

Meine Vermutung ist, dass dies mit der Hygiene zu tun hat. Beim herkömmlichen Nießen kann eben schon auch mal etwas Schleim unkontrolliert durch die Nase herausgeschleudert werden. Das ist eklig, man schämt sich dann bei anderen dafür, also möchte man dies eben vermeiden. Um dies zu vermeiden hilft es eben nur, möglichst keine Luft mehr durch die Nase zu lassen, wenn man nießt. Da dies aber nicht ohne weiteres möglich ist, weil man beim Nießen automatisch reflexartig die Zunge Richtung Gaumen bewegt – zudem auch oft die Augen noch dabei schließt, kann man nur noch eingreifen, in dem man eben die Zunge nicht gänzlich an den Gaumen setzt, sondern nur sehr flach da ranführt. Damit wird dann eben aus einem scharfen „Tssss“ ein rauschendes „Tsch“.

Ein „Tsch“ ist wohl sicherlich nicht angeboren, sondern eher im Laufe der Jahre anerlernt, so dass man es als Erwachsener auch keinesfalls mehr bewusst machen muss, sondern eben automatisiert von statten geht.

Dennoch an alle Nießer und Nießerinnen, versucht mal wieder mit einem „Tssss“ zu nießen, denn alles andere macht keinen Sinn. Der große Vorteil am „Tssss“ ist eben, dass es sowohl leise ist, als auch die Nase reinigt. Es hilft auch bei Allergien, wenn man die Pollen damit aus der Nase wieder pusten kann, aber auch bei diversen Erregern, wenn die ersten Erreger damit eben gleich wieder aus dem Körper entfernt werden.

Denn der große Unterschied zwischen Schneuzen und Nießen ist jener, dass beim Schneuzen bereits eine Infektion oder eben eine allergische Reaktion voll ausgeprägt ist, wodurch viel Schleim produziert wird. Beim Nießen hingegen ist meist nur wenig Schleim, also eine normale Schleimmenge vorhanden. Dabei werden demnach nur Erreger und Fremdkörper, bevor sie etwas infizieren können, wieder entfernt. Nießen macht also Sinn, wenn man sich das ein bisschen überlegt.

Ein „Tssss“ macht frei, im wahrsten Sinne des Wortes, ein „Hatschi“ ist aber nur lästig für andere und für einen selbst, mehr nicht wirklich.

Aber aufpassen! Wenn man den Mund vollkommen dicht macht, damit also dieses Druckventil durch den Mund verliert, dann kann es in der Nase wehtun beim Nießen. Habe ich auch schon erlebt. Dieses Druckventil durch den Mund ist beim Nießen also auch sehr wichtig und äußerst sinnvoll. Ansonsten könnte man ja den Mund auch einfach nur zu machen, bräuchte also den Reflex nicht, dass die Zunge zum Gaumen geht und der Mund dabei geöffnet bleibt oder wird.

Am Ende möchte ich für alle nochmal die Frage in den Raum stellen.

Wieso „Hatschi“?

Wer sich diese Frage bis jetzt noch nicht beantworten kann, möge sich am besten noch mal den Artikel von mir ab dem 4. Absatz durchlesen.

Also denkt mal darüber nach. Mir fiel das schon lange auf, jetzt möchte ich eben das auch mal zu Wort bringen.

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